„aktives Neumarkt“ e. V.
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Kein Krieg in der jahrhundertealten Geschichte Neumarkts hatte je derartig zerstörerische Folgen wie der Zweite Weltkrieg. In den ersten Kriegsjahren kannte man Tod und Zerstörung nur als fernes Geschehen. In Neumarkt fühlte man sich lange Zeit in Sicherheit, auch die Evakuierten aus den Großstädten im Norden, die hier Zuflucht suchten.
Doch unweit der Stadt im Süden wurde hergestellt, was Hitler für seinen totalen Krieg so dringend benötigte: Das Neumarkter Sprengstoffwerk lieferte Handgranaten und Minen für die Soldaten an der Front. Amerikanische Aufklärungsflugzeuge hatten das Terrain bereits im August 1944 erkundet, so dass man in Washington genau über die Situation vor Ort unterrichtet war. Mit Fortschreiten des Krieges wurden in den Sprengstoffwerken - wie auch in anderen Neumarkter Fabriken - verstärkt Zwangsarbeiter eingesetzt.
An den Hängen des Fuchsberg hatte die nationalsozialistische Führung 1942 eigens ein Lager eingerichtet, von dem aus die verschleppten Menschen in Industriebetriebe weitergeleitet wurden. Besonders katastrophale Zustände herrschten im Gebäude der einstigen Kunstmühle, wo russische Kriegsgefangene unter menschenunwürdigen Bedingungen interniert waren.
Am 23. Februar und am 11. April 1945 fielen Bomben auf Neumarkt.
Anfang des Jahres 1945 warnten die Sirenen in Neumarkt immer häufiger vor drohenden Luftangriffen. Am Freitag, den 23. Februar 1945, wurde kurz nach 11 Uhr erneut Luftalarm gegeben. Viele Menschen, die den Bomberverband am Fenster stehend beobachteten, vermuteten einen Angriff auf Nürnberg. Doch plötzlich schwenkten die Flugzeuge mit der Mittagssonne im Rücken von Süden her ein und warfen ihre Sprengbomben auf Neumarkt. Ziel des zwölfminütigen Angriffes der amerikanischen Luftwaffe waren der Bahnhof und das benachbarte Industriegebiet.
Die Innenstadt blieb weitgehend verschont. In der Ingolstädter- und der Hallstraße schlugen vereinzelt Bomben ein. 22 Neumarkter verloren bei diesem Angriff ihr Leben. Im Industriegelände begrub ein einstürzender Bunker 90 russische Zwangsarbeiter. Auch der zum Schutz vor Bomben- und Granatsplittern errichtete Deckungsgraben am Bahnhof konnte den Detonationen nicht standhalten. Dort hatten sich auch die Insassen eines vollbesetzten Flüchtlingszuges aus Ungarn untergestellt. Der von einer dicken Betonschicht geschlossene Graben wurde jedoch zur unentrinnbaren Todesfalle, denn trotz des raschen Einsatzes eines Rettungstrupps gelang es nicht, Überlebende zu bergen.
Nach den Schrecken des Angriffes versuchten die Neumarkter so schnell wie möglich, die Schäden zu beheben.
Am 11. April fielen erneut Bomben auf Neumarkt. Wie am 23. Februar sollte auch dieser Angriff der 8. U.S.-Air Force in erster Linie dem wieder instandgesetzten Bahnhof gelten. Die aus nördlicher Richtung anfliegenden 71 Maschinen warfen weitaus weniger Bomben als beim ersten Angriff, jedoch enthielten die meisten die doppelte Sprengladung. Viele Bomben verfehlten aber ihr eigentliches Ziel und trafen stattdessen den Stadtkern, wo am Oberen und Unteren Markt und insbesondere im Johannisviertel schwere Schäden entstanden.
Nach dem zweiten massiven Luftangriff der Alliierten am 11. April 1945 suchten die meisten Neumarkter Schutz im Umland. Als die Front täglich näher rückte, erfolgte am 15. April die offizielle Aufforderung zur Evakuierung. Zu jenem Zeitpunkt war Neumarkt bereits weitgehend menschenleer, nur wenige hatten sich entschieden, in ihrer Stadt auszuharren.
Am 18. April hatte eine Artillerieabteilung der Wehrmacht die Stadt verlassen. Auch die in den umliegenden Dörfern einquartierten ungarischen und volksdeutschen Freiwilligen der Waffen-SS waren schon abkommandiert worden. Indessen hatten sich einen Tag zuvor etwa 20 bis 30 Mann der 17. SS-Panzergrenadierdivision "Götz von Berlichingen" in der Stadt verschanzt. Die Aufgabe dieser Division bestand darin, mit einem Regiment bei der Verteidigung der Stadt Nürnberg mitzuwirken. Vor allem aber sollten sie mit zwei Regimentern südlich von Nürnberg eine Abwehrlinie aufbauen.
Einige beherzte Bürger bemühten sich, an offizieller Stelle die kampflose Übergabe der Stadt zu erwirken. Als der Polizeimeister jedoch bekannte, dass er selbst keinen Einfluss auf das Geschick der Stadt mehr habe, mussten die Bittenden unverrichteter Dinge abziehen. Einen letzten Versuch, Neumarkt zu retten, mag möglicherweise der Feuerwehrkommandant unternommen haben. Ob er aber tatsächlich die Absicht hatte, die weiße Flagge zu hissen, und von der SS erschossen wurde, konnte niemals geklärt werden.
Am Mittwoch, den 18. April, gegen 14.30 eröffnete amerikanische Artillerie aus Norden und Nordwesten das Feuer. Die SS antwortete mit Geschützfeuer, unterstützt durch Artillerie auf den Jurahöhen. Nachdem die von der Ortschaft Berg herannahenden amerikanischen Panzer von deutscher Artillerie beschossen worden waren, zogen sie sich umgehend zurück, um auf Verstärkung zu warten. Die nachrückende amerikanische Artillerie begann mit ihren Geschützen, Neumarkt ins Visier zu nehmen. Flugzeuge mit Spreng-, und Brandbomben sowie Phosphorkanistern an Bord wurden zur Unterstützung eingesetzt.
Am Morgen des 19. April versuchten drei amerikanische Sherman-Panzer über die Badstraße in die Innenstadt vorzudringen. Als sie jedoch zum Finanzamt kamen, wurden sie dort von der SS mit einem Panzerabwehrgeschütz beschossen. Zwei amerikanische Panzer wurden getroffen und brannten aus. Nach diesem verlustreichen Vorstoß verschärften die Amerikaner am 19. April ihr Artilleriefeuer auf Neumarkt und setzten erneut Flugzeuge mit Bomben ein, bis die gesamte Innenstadt lichterloh brannte.
Nachdem der Widerstand der SS am 22. April gebrochen war, glich die Stadt einer trostlosen Steinwüste. Hie und da loderten noch Brände auf. Der Feuersturm hatte ausgebrannte Häuser mit gespenstischen Fassaden hinterlassen; entlang der Marktstraße waren lediglich zwei Häuser verschont geblieben. Im historischen Stadtkern von Neumarkt lagen 92 Prozent der Bausubstanz in Trümmern.
Trotz der immensen Zerstörungen gelang es den Neumarktern, ihre Stadt zügig wiederaufzubauen, nicht zuletzt dank der hier ansässigen Baustoffindustrie. Nachdem die größte Wohnungsnot beseitigt und Schulgebäude wiedergeherstellt waren, wurde auch das alte Rathaus im Herzen der Stadt wiedererrichtet und 1957 eingeweiht.